Düppelstrasse – 14.08.2021
Der Teufelskreis und die Abhängigkeit
Über Frau J., die langjährige Patientin bei uns ist, haben wir schon öfters berichtet. Auch heute kam sie wieder zur Düppelstrasse. Während des Einsteigens in den Bus sehen wir einen dunklen Fleck am Hosenbund. Wir bitten sie, uns ihren Rücken zu zeigen. Zögerlich hebt sie das Tshirt hoch und zieht die Jeans etwas runter. Zum Vorschein kommt ein tiefschwarzes Hämatom, das sich über den gesamten Po weit herunterzieht. Von einem ,,blauen Fleck“ ist das weit entfernt. Wir wissen, dass sie von dem Mann, bei dem sie wohnt, geschlagen wird. Sie dreht sich um, lächelt müde und sagt: „Ich muss es ertragen, ich kann sonst niergendwo hin. Ich habe keine Wahl.“
Nicht versichert, kein Aufenthaltsrecht, keine Bleibe, ein Teufelskreis, der kein ,,Entkommen“ aufzeigt. Zur gleichen Zeit erzählt Herr K. draussen vor dem Bus, dass er trinkt. Er trinkt, um die Scham zu betäuben, wenn er Leute um Geld anbettelt. Er sagt, dass er am Tiefpunkt seines Lebens ist. Nach langjährigem Knastaufenthalt holte er seinen Abschluss nach, machte seinen Gesellenabschluss und hatte Arbeit. Vor 7 Jahren änderte sich alles. Mehr möchte er nicht sagen, nur dass er am Tiefpunkt ist. Dies sind die Geschichten, die uns ,,neben“ der medizinischen Versorgung und der Essensverteilung erzählt werden. Schockierend, brutal und zutiefst erschütternd. Aber das ist die Realität.
Heute im Team: Günther, Oli und Julia